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Eine Zeitreihe kann theoretisch entweder einen kontinuierlichen Wertebereich
oder einen
diskreten Wertebereich umfassen. In der Realität umfaßt jede
Beobachtungsreihe und jede daraus abgeleitete Reihe nur einen, durch die
Meßgenauigkeit vorgegebenen, diskreten Wertebereich. Eine Temperaturreihe, die
eine Spanne von zehn Kelvin umfaßt und mit einer Genauigkeit von 0.1 Kelvin
vorliegt, kann nur 100 verschiedene Werte annehmen und umfaßt somit einen
diskreten Wertebereich. Zweifelsohne ist dies jedoch nur eine Approximation
einer Variable, die einen kontinuierlichen Wertebereich ausschöpft. Zur
Beschreibung solcher Variablen ist eine Dynamik auf einem kontinuierlichen
Wertebereich adäquat. Demgegenüber existieren Zeitreihen, die nur sehr
wenige diskrete Werte annehmen können. Dies sind insbesondere Zeitreihen von
Ereignissen. Solche Ereignisse können z.B. Extremereignisse sein. Erstellt man
eine Zeitreihe indem man jedem Jahr, in dem mindestens ein Extremereignis
aufgetreten ist, eine 1 zuordnet und allen anderen Jahren eine 0, so erhält
man eine Zeitreihe, die nur diese beiden diskreten Zustände annehmen
kann. Eine solche Zeitreihe muß als Realisation einer symbolischen Dynamik
mit zwei Symbolen interpretiert werden. Auch Zeitreihen mit mehr als zwei
Symbolen kommen durchaus nicht selten vor. So ist z.B. die Ausbruchsstärke
explosiver Vulkanausbrüche beim Volcanic Explosivity Index (VEI) in Form von
ganzen Zahlen gegeben. Man hat damit eine symbolische Dynamik vorgegeben mit
den Werten 1 bis 7. Oft liegen lange Zeitreihen nicht mit gleichbleibender
Genauigkeit vor. So sind z.B. die Wasserstände des gelben Flusses in China
seit 1400 registriert. Änderungen der Meßmethode, aber auch der
Abflußcharakteristika, machen die Zahlenwerte über diesen langen Zeitraum
aber unvergleichbar. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, den Wertebereich
zu diskretisieren, um die vorliegende Ungenauigkeit zu minimieren. Man
könnte dann unterscheiden zwischen normalen Jahren, Dürrejahren und
Überflutungsjahren. Wie man diese drei Zustände sinnvoll voneinander
abgrenzt ist eine Frage, auf die hier nicht eingegangen wird.
Eine der traditionellen und wesentlichen Anwendungen der Symbolischen
Dynamik liegt in der Bearbeitung der Frage, wie wahrscheinlich eine
kontinuierliche Variable einen vorgegebenen
Grenzwert überschreitet. Dies ist
von großer Bedeutung für die Untersuchung von Extremwerten.
Grundsätzlich
kann jede auf einem quasi-kontinuierlichen Wertebereich definierte Zeitreihe
in eine symbolische Zeitreihe konvertiert werden. Dies ist z.B. durch eine
Klasseneinteilung möglich. Dabei kann man entweder feste Klassengrenzen
vorgeben, oder Quantile als Klassengrenzen verwenden. So teilen z.B. Quartile
den Wertebereich in vier Klassen, von denen jede gleich oft realisiert wird.
Eine weitere interessante Anwendung tritt auf, wenn man Zeitreihen von
Parametern schätzt. Dies ist z.B. der Fall, wenn man den zeitlichen Verlauf
der räumlichen Korrelation zwischen zwei Feldern untersucht. Diese kann
entweder unsignifikant, signifikant positiv oder signifikant negativ sein. Man
hat dann eine Zeitreihe aus drei Symbolen.
Will man die zeitliche Struktur von wertdiskreten Zeitreihen untersuchen, so
kann man nicht die traditionellen Methoden der Zeitreihenanalyse
anwenden. Dies liegt daran, daß die Residuen nicht gaußverteilt sein
können, was für die traditionellen Verfahren i.A. Vorraussetzung ist.
Es treten nun verschiedene Fragen auf, die anhand vorliegender Zeitreihen
beantwortet werden sollen:
- Wie wahrscheinlich ist das k-malige Auftreten eines bestimmten Symbols
in einer Zeitreihe der Länge ?
- Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines bestimmten
Symbols an einer bestimmten Stelle in der Zeitreihe?
- Wie lange muß man im Mittel auf das erneute Auftreten eines Symbols
warten?
- Wie wahrscheinlich ist es, daß man Zeitschritte warten muß, bis
das Symbol erneut auftritt?
Um diese Fragen zu bearbeiten, muß die wertdiskrete Zeitreihe als Realisation
einer symbolischen Dynamik aufgefaßt werden.
Im einfachsten Fall existiert dabei ein Symbol, daß eintreten kann, oder
nicht. Solche Prozesse, bei denen zu bestimmten Zeitpunkten Ereignisse
stattfinden, heißen Punktprozesse. Falls die Eintrittswahrscheinlichkeit
konstant ist, handelt es sich um einen Poisson-Prozeß, dessen zeitdiskrete
Version in Anlehnung an das Bernoulli-Experiment auch Bernoulli-Prozeß genannt
wird.
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ich
2000-01-24