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Was bestimmt den zeitlichen Verlauf von Baumringparametern?

Der zeitliche Verlauf von Baumringparametern wird i.A. von zahlreichen klimatischen und nichtklimatischen Faktoren bestimmt. Rekonstruktionen sind dann am einfachsten, wenn nur ein Einflußfaktor (z.B. die mittlere Sommertemperatur) wesentlich ist. Andererseits kann in einem solchen Fall auch nur dieser eine Einflußfaktor rekonstruiert werden. So hat sich z.B. gezeigt, daß in hohen Breiten (humides Klima) hauptsächlich die Temperatur wachstumslimitierend ist und damit rekonstruiert werden kann, während in niederen (außertropischen) Breiten (arides Klima) hauptsächlich der Niederschlag wachstumslimitierend ist [7]. In den gemäßigten Breiten kann i.A. keiner dieser beiden klimatologischen Einflußparameter alleine das Baumwachstum bestimmen. Es kommt zu (möglicherweise komplizierten) Wechselbeziehungen dieser Einflüsse, die es zu erkennen und zu modellieren gilt. Falls dies gelingt, steht einem allerdings die Möglichkeit offen, mehrere Einflußfaktoren zu rekonstruieren. Dabei besteht immer das Problem, daß das Baumwachstum eines Jahres von sehr vielen Einflußfaktoren während, aber auch außerhalb der Wachstumsperiode abhängt. So bestimmen nicht nur der Niederschlag während der Wachstumsperiode (über die dadurch beeinflußte Bodenfeuchte) und die Temperatur (über die Korrelation mit dem Angebot an Licht) das Wachstum, sondern auch die im Vorwinter aufgetretenen Frostschäden oder Schneebruch das Wachstum. Man kann davon ausgehen, daß die Baumringparameter gewichtete Integrale über den Verlauf der klimatischen Parameter vor und während der Wachstumsperiode darstellen. Bäume reagieren zum einen recht schnell (d.h. sie können z.B. nach einer wochenlangen ungünstigen Phase innerhalb von Tagen das verhinderte Baumwachstum nachholen) zum anderen reagieren sie mit Gedächtnis, d.h., daß nicht nur die momentane Situation die momentane Wachstumsgeschwindigkeit beeinflußt, sondern auch die unmittelbare Vergangenheit [16]. Zusätzlich besteht scheinbar auch ein Zusammenhang zum Wachstum des Vorjahres [7]. Aus diesen Erkenntnissen folgt, daß die Baumringparameter nicht zwangsläufig mit den mittleren klimatischen Parametern während der Wachstumsphase korreliert sind, sondern daß der Zusammenhang vielmehr vom zeitlichen Verlauf der klimatischen Parameter während und vor der Wachstumsphase abhängt. Dabei ist zu beachten, daß jede Baumart unterschiedlich sensibel auf verschiedene zeitliche Entwicklungen der klimatischen Parameter reagiert. So kann das Wachstum von Bäumen, die sehr früh im Jahr ausschlagen, stark von Nachtfrösten im späten Frühjahr beeinträchtigt werden, während Bäume, die erst später ausschlagen, davon unbeeinflußt sind. Es ist folglich anzustreben, einerseits möglichst verschiedene Baumparameterreihen von möglichst vielen Baumarten zur Verfügung zu haben, andererseits den Verlauf der klimatischen Parameter möglichst detailliert zu kennen. Zusätzlich zu diesen klimatischen Einflüssen müssen auch die nichtklimatischen Einflüsse in Betracht gezogen werden. Als nichtklimatische Einflußfaktoren kommen vor allem individuelle Standortprobleme (z.B. Konkurrenz) und (damit eng gekoppelt) Probleme des Nährstoffangebots in Betracht. Diese können wiederum bei unterschiedlichen klimatischen Situationen von unterschiedlicher Bedeutung sein. Auch der Schädlingsbefall als nichtklimatische Ursache kann maßgeblich durch die klimatische Situation (auch außerhalb der Wachstumsperiode) bestimmt sein. Auf alle diese Einflußgrößen reagieren nicht nur verschiedene Baumarten unterschiedlich, so daß es sinnvoll erscheint, möglichst viele Baumarten in die Auswertung mit einzubeziehen, sondern auch einzelne Bäume einer Art, weshalb es notwendig ist, für jedes zu rekonstruierende Jahr möglichst viele Einzelbäume einer Art in die Untersuchung mit einzubeziehen. Zuletzt sei noch der anthropogene Streß genannt, der (wie möglicherweise auch der $CO_{2}$-Düngeeffekt) in den letzten Dekaden immer mehr an Bedeutung gewonnen zu haben scheint.
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ich 2000-01-24