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Betrachtung in diskreten Zeitschritten

Oft betrachtet man diskrete Zeitschritte und berücksichtigt nur, ob innerhalb eines Zeitschrittes ein Ereignis eingetreten ist, oder nicht. In diesem Fall, in dem man von $dt$ zu $\Delta t$ übergeht, verändert sich die Beschreibung. Betrachtet man nun die Wahrscheinlichkeit $p$ für das Auftreten eines Ereignisses innerhalb eines Zeitintervalls $\Delta t$, so kann der Prozeß als Bernoulli-Experiment beschrieben werden und man hat einen leichten Zugang zu den Antworten auf verschiedene Fragen. Wie wahrscheinlich ist es, daß das Ereignis $k$ mal in einer Zeitreihe der Länge $N$ auftritt? Das Ereignis soll also $k$ mal auftreten und $N-k$ mal nicht. Dabei soll die Reihenfolge keine Rolle spielen. Demnach folgt für die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von $k$ Ereignissen bei $N$ Zeitschritten
\begin{displaymath}
\left(
\begin{array}{c}
N \\
k
\end{array}
\right)\, (1-p)^{N-k}\,p^{k}.
\end{displaymath} (2.14)

Dies ist die Binomialverteilung, die bekannterweise für kleine $p$ in die Poissonverteilung übergeht. Damit sieht man, daß wir wegen der Verwendung von makroskopischen Zeitintervallen $\Delta t$, auf denen wir jetzt den Prozeß definieren, vom Poisson-Prozeß abgewichen sind. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für das $k$-malige Hintereinanderauftreten des Ereignisses? Aus dem eben Besprochenen folgt die Antwort einfach zu $p^{k}$, denn nach wie vor ist die Eintrittswahrscheinlichkeit eine Konstante. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß man $k$ Zeitschritte warten muß bis das nächste Ereignis eintritt? In diesem Fall darf das Ereignis $k-1$ mal nicht eintreten um danach einzutreten. Die Wahrscheinlichkeit, das es in einem Zeitschritt nicht eintritt, ist gegeben durch $1-p$. Demnach folgt für die Wahrscheinlichkeit, daß erst im $k$-ten Zeitschritt ein Ereigniss eintritt $p_{k}(1-p)^{k-1}\,p$. Wie lange muß man im Mittel warten, bis das Ereignis eintritt? Die Antwort auf diese Frage kann nicht leicht aus $\sum_{k=0}^{\infty} k\, (1-p)^{k-1}\,p$ berechnet werden. Wesentlich einfacher geht dies mit Hilfe der erzeugenden Funktionen, die hier aber nicht zur Verfügung gestellt werden sollen. Man erhält dann als mittlere Wartezeit $\tau=1/p$ und für deren Varianz $(1-p)/p^{2}\approx 1/p^{2}$. Die mittlere Wartezeit ist die Zeit, die in der Extremwertstatistik Wiederkehrzeit heißt. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit $R_{n}$, daß in den nächsten $n$ Zeitschritten mindestens ein Ereignis stattfindet? Die Antwort auf diese Frage ist die Summe über die Wahrscheinlichkeiten dafür, daß man mindestens $k$ Zeitschritte warten muß:
\begin{displaymath}
\begin{array}{rcl}
R_{n} & = & \sum\limits_{k=1}^{n}p_{k}\...
...{n} p_{k}(1-p)^{k-1}\,p\\
& = & 1-(1-p)^{n}.
\end{array}
\end{displaymath} (2.15)

Diese Größe wird in der Extremwertstatistik als Risiko bezeichnet. Sie ist mit der Wiederkehrzeit wie folgt verknüpft:
\begin{displaymath}
\tau = \frac{1}{1-(1-R)^{1/n}}\approx \frac{-n}{\ln(1-R)}\approx \frac{n}{R}.
\end{displaymath} (2.16)

Will man z.B. mit einem Risiko von 10 % in Kauf nehmen, daß ein Ereignis innerhalb der nächsten einhundert Jahre stattfindet, dann muß die Wiederkehrzeit des Ereignisses 950 Jahre betragen, falls man es mit einem stationären Poisson-Prozeß (bzw. einem Bernoulli-Experiment als dessen zeitdiskrete Form) zu tun hat.
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ich 2000-01-24