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Die beiden vorangestellten Zitate belegen, daß die Zeitskalen meteorologischer
Phänomene die Menschen schon zu biblischen Zeiten beschäftigt haben.
Benoît Mandelbrot erkennt in der alttestamentarischen Geschichte von Noah
eine Parabel über die Ungleichmäßigkeit der Niederschläge im mittleren
Osten. Die Geschichte von Joseph wiederum sieht er als eine Parabel über
die Tendenz, daß sich nasse und trockene Jahre zu Regen- und Dürreperioden
vereinen [10]. Er gab diesen Effekten die Namen Noah-Effekt
und Joseph-Effekt. In einer Verallgemeinerung dessen könnte man sich
vorstellen, daß feuchtere und trockenere Jahrtausende, feuchtere und
trockenere Jahrhunderte beinhalten, die wiederum aus feuchteren und
trockeneren Jahrzehnten bestehen, usw. über womöglich weitere
Größenordnungen. Zusammengefaßt könnte man das ausdrücken durch
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was einer Weierstraßschen Sinusfunktion sehr ähnlich ist.
Dies führt auf Funktionen, die zwar überall stetig, aber nicht differenzierbar
sind. Die Dimension ihres Graphen liegt zwischen 1 und 2.
Zeitreihen
aus Funktionen dieser Art haben Korrelationen über sehr lange Zeiträume.
Sie werden als Realisationen von Prozessen mit langem Gedächtnis
angesehen. Die Korrelationen
können allerdings sehr schwach und somit in endlichen verrauschten
Zeitreihen kaum oder nicht detektierbar sein.
Schließlich steht den obigen Zitaten die Erfahrung der Meteorologen
gegenüber, daß monatliche Niederschlagssummen zeitlich unkorreliert sind.
Trotzdem wurden
Zeitreihen, die aus Prozessen mit langem Gedächtnis stammen,
zuerst in den Geowissenschaften
gefunden, wo Untersuchungen der Zeitreihe der
Minima des Nilwasserstandes zeigten, daß diese als eine Realisation eines
bestimmten Prozesses mit langem Gedächtnis angesehen werden kann
(s. [15]).
Neuere Untersuchungen ([8],
[7]) legen aber die Vermutung
nahe, daß auch beobachtete Tagesmittelwerte der bodennahen Lufttemperatur
als Realisation von Prozessen mit langem Gedächtnis angesehen werden können.
Um die Konsequenzen dessen abschätzen zu können, ist es notwendig sich mit
Prozessen mit langem Gedächtnis tiefer auseinanderzusetzen. Deshalb sollen
in dieser Arbeit einige Grundlagen zu diesem Thema bereitgestellt werden.
Dazu wird im nächsten Abschnitt zunächst der Unterschied zwischen Prozessen
mit langem und solchen mit kurzem Gedächtnis an 2 bekannten Beispielen
vorgestellt. In Abschnitt 3 wird eine Definition des Prozesses mit langem
Gedächtnis gegeben und der Zusammenhang zu ARMA-Prozessen gezeigt. Der
einfachste Vertreter der Prozesse mit langem Gedächtnis wird im darauffolgenden
Abschnitt 4 ausführlicher besprochen. In Abschnitt 5 wird die Namensgebung
für unterschiedliche Zufallsrauschen eingeführt, bevor in Abschnitt 6 verschiedene
Maße für Prozesse mit langem Gedächtnis vorgestellt werden. Abschnitt 7
gilt der Modellierung von Prozessen mit langem Gedächtnis.
Im letzten Abschnitt werden die vorgestellten Maße für Prozesse mit langem
Gedächtnis auf 3 künstlich erzeugte Zeitreihen und 3 Beobachtungszeitreihen
angewendet.
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ich
2000-01-25