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Die Bayes'sche Formel (der Bayes'sche Satz, das Bayes'sche Theorem) hat Thomas
Bayes (1701-1761 und Schüler von de Moivre) im Jahre 1750 entdeckt. Sie wurde
trotzdem erst nach seinem Tod veröffentlicht. Da Bayes sich nicht mehr gegen
die Kritik daran wehren konnte, schlimmer noch, nicht für seine Formel werben
konnte, wurde sie nicht weiter beachtet, bis sie gegen Ende des 20. Jh im
Zusammenhang mit der Parameterschätzung interessant wurde. Seitdem scheinen
die Statistiker in zwei Lager gespalten zu sein: den Bayesianern und den
Anti-Bayesianern (siehe z.B. Szekely, 1990). Frei von der sich immer weiter
vertiefenden Kluft (Szekely, 1990) zwischen diesen beiden Lagern scheinen
die deutschen Statistiker zu sein, die zwar in ihren Lehrbüchern auf die
Existenz der Bayes'schen Formel aufmerksam machen, weiter aber nichts damit
zu tun haben. Da mit Hilfe moderner Großrechenanlagen sehr aufwendige
Anwendungen der Bayes'schen Formel möglich werden und da diese auch in der
statistischen Klimatologie Anwendung finden, sollte man sich wenigstens grob
bewußt machen, wovon Bayesianer reden.
Um die Bayes'sche Formel abzuleiten gehen wir von zwei Zufallsvariablen
und aus. Diese können jeweils Werte aus einem bestimmten Wertebereich
annehmen. Es existieren dann eindimensionale Wahrscheinlichkeitsdichten
dafür, daß den Wert annimmt () und dafür,
daß den Wert annimmt (). Zusätzlich kann
man die gemeinsame (zweidimensionale) Wahrscheinlichkeitsdichte
definieren. Falls es nun
zwischen den Zufallsvariablen und keinen Zusammenhang gibt, gilt
Andernfalls gilt
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(16) |
In dieser nicht auf Anhieb einsichtigen Gleichung, stellen die Funktionen
und bedingte Wahrscheinlichkeiten dar. Dabei bedeutet
die Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Variable den Wert
annimmt, wenn die Variable den Wert angenommen hat. ist
demnach genau umgekehrt definiert. Also sagt Gleichung (16) aus, daß
die Wahrscheinlichkeit dafür, daß den Wert und den Wert
annimmt (), gegeben ist durch die Wahrscheinlichkeit, mit der
realisiert wird ()
mal der Wahrscheinlichkeit, daß realisiert wird, wenn realisiert wird
(). Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn man und
vertauscht. Nun kann Gleichung (16) dazu verwendet werden bedingte
Wahrscheinlichkeiten zu invertieren, denn es folgt sofort
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(17) |
kann noch etwas weiter verändert werden.
Im Fall von diskreten Variablen und
summiert man den rechten Teil von
Gleichung (16) über alle möglichen Werte von
und erhält wegen
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(18) |
Diese Gleichung besagt, daß die Wahrscheinlichkeit, daß die Zufallsvariable
den Wert annimmt, aus der Summe der bedingten Wahrscheinlichkeiten
für unter der Bedingung folgt. Dabei muß die Summe über
alle möglichen Realisierungen von (d.h. alle ) laufen. Da
Gleichung (18) die vollständige Wahrscheinlichkeit als Summe von
Einzelwahrscheinlichkeiten beschreibt, wird sie in der Literatur oft als Satz
von der vollständigen Wahrscheinlichkeit eingeführt.
Setzt man nun Gleichung (18) in Gleichung (17) ein, so erhält man
die Bayes'sche Formel für diskrete Zufallsvariable:
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(19) |
In analoger Weise kann man für kontinueierliche Wertebereiche den Satz von
der vollständigen Wahrscheinlichkeit formulieren
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(20) |
und daraus die Bayes'sche
Formel für kontinuierliche Zufallsvariable
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(21) |
Manche Autoren (z.B.) Hsu (1996) nennen Gleichung (17) Bayes'sche Regel
und die Gleichungen (19) und (21) Bayes'sches Theorem.
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2000-01-24