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Der Hurst-Exponent

``Hursts Name ist sicher auf immer in die Wissenschaft eingegangen, und zwar wegen einer von ihm erdachten statistischen Methode, mit der er ein bedeutendes empirisches Gesetz über Langzeitabhängigkeiten in der Geophysik entdeckte``. So ehrt B. Mandelbrot (s. [10]) den Hydrologen Harold Edwin Hurst (1900-1978). Der nach ihm benannte Exponent gibt eine skalierte Spannweite einer Zeitreihe an. Er ist ein allgemeines Maß für das Gedächtnis eines Prozesses, daß insbesondere auch bei schwarzem Rauschen, daß B. Mandelbrot [10] deshalb Hurst-Rauschen nannte, gut anwendbar ist. Bei solchen instationären Rauschen können die Methoden, die auf die Stationarität, d.h. insbesondere die Existenz von Momenten zweiter Ordnung angewiesen sind, nicht mehr vertrauenswürdig eingesetzt werden. Der Hurst-Exponent ist somit ein robustes Maß, das für instationäre Prozesse, d.h. ab $d\ge .5$ interessant ist. Im Gegensatz zur Strukturfunktion, bei der die Verschiebung in Abhängigkeit von der vergehenden Zeit untersucht wird, wird hier eine korrigierte Reichweite (adjusted range) $R(d)$ in Abhängigkeit von der Zeit untersucht. Dazu werden wieder integrierte Zeitreihensegmente $Y^{*}(d) = \sum\limits_{i=1}^{t}Y_{i}$ gebildet. Es gilt dann die Definitionsbeziehung
\begin{displaymath}
R(d)=
\max_{0\le u\le d} \left(
Y^{*}(u)-\frac{u}{d}\, Y^...
...\le u\le d} \left(
Y^{*}(u)-\frac{u}{d}\, Y^{*}(d)
\right).
\end{displaymath} (44)

$R(d)$ mißt somit die maximale Abweichung vom linearen Trend der integrierten Zeitreihe. Diese wird dann mit der Stichprobenstandardabweichung $S(d)$ normiert zur sogenannten R/S-Statistik, für die bei Prozessen mit langem Gedächtnis gilt
\begin{displaymath}
\lim_{d\to \infty} \frac{R(d)}{S(d)} \sim d^{J}.
\end{displaymath} (45)

Man kann weiterhin zeigen, daß $J$ für rosa, Brownsches und schwarzes Rauschen gleich $H_{I}$ ist. Damit ist der Hurst-Exponent ein robusterer Schätzer für $H_{I}$. Für weißes Rauschen (und Rauschen aus Prozessen mit kurzem Gedächtnis, d.h. $d=0$) gilt $J=.5$, während für stationäres Rauschen mit $0<d<.5$ der Wertebereich $.5<J<1$, für instationäres Rauschen mit $d>.5$ $ J=1$ zu erwarten ist. Es ist im letzten Fall sinnvoll die differenzierte Reihe zu untersuchen, d.h. den fraktionalen Charakter der Zuwächse. Der Wasserstand des Rheins bei Basel zwischen 1808 und 1966 ergibt $H_{I}\approx .55$, während die Nilwasserstände von 622 bis 1469 ungefähr $H_{I}\approx.9$ ergeben (s. [15]). Schlittgen und Streitberg ([14]) geben ein $\hat{d}=.364\pm .05$ aus der Analyse des Spektrums. Beide Ergebnisse stimmen sehr gut überein.
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ich 2000-01-25