Nächste Seite: Der Hurst-Exponent
Aufwärts: Maße für Prozesse mit
Vorherige Seite: Das Spektrum
  Inhalt
Die Strukturfunktion
Weder das Spektrum, noch die Autokorrelationsfunktion sind gute Schätzer.
Einerseits wird die Autokorrelationsfunktion i.a.
relativ schnell unsignifikant
klein, andererseits ist das Spektrum kein erwartungstreuer, konsistenter
Schätzer. Darüberhinaus muß für die Schätzung dieser Größen
Stationarität des zugrundeliegenden Prozesses (d.h. )
vorausgesetzt werden.
Nun kann man nach der quadratisch
gemittelten Differenz zweier Werte aus einer Zeitreihe
fragen, für den Fall, daß sie Zeitschritte auseinanderliegen.
Diese Funktion
|
(30) |
heißt quadratische Strukturfunktion der Funktion .
Strukturfunktionen werden schon lange in der Turbulenztheorie eingesetzt
(s. [17]), wo gezeigt
werden konnte, daß die Strukturfunktion sowohl für die Temperatur,
als auch für Feuchte und Windgeschwindigkeit im Inertialbereich
dem räumlichen Skalengesetz
gehorcht.
Die (quadratische) Strukturfunktion hat in der
Literatur viele Namen, von denen
Fluktuationen,
mittlere quadratische Verschiebung und
mittlere quadratische Abweichung
nur eine kleine Auswahl darstellen.
Für einen autokovarianzstationären
Prozeß mit kurzem oder keinem Gedächtnis konvergiert die Strukturfunktion
bei zunehmendem gegen
,
was man aus Gleichung (30) leicht sieht:
|
(31) |
Dann enthält die Strukturfunktion keine neue Information. Für Zeitreihen
aus Prozessen ohne Gedächtnis ist
unabhängig von . Für Zeitreihen aus stationären
Prozessen mit kurzem Gedächtnis
und für Zeitreihen aus
stationären Prozessen mit langem Gedächtnis ()
konvergiert gegen
.
Die beiden letztgenannten
Prozesse können also von der Strukturfunktion nicht
unterschieden werden.
Für Prozesse mit langem Gedächtnis geht hingegen
nicht unbedingt schnell gegen null.
Darüberhinaus kann für instationäre Prozesse
nicht gleich
gesetzt werden.
Aus der Tatsache, daß die Strukturfunktion dann
immer weiter divergiert, kann man
den instationären Prozeß mit langem Gedächtnis (d.h. )
erkennen. Dies ist eine für die
Zeitreihenanalyse wichtige Erkenntnis.
Für die Brownsche Diffusion ist der Erwartungswert für
durch die Einstein-Relation [9]
|
(32) |
gegeben.3
Dabei ist eine Diffussionskonstante.
Wir können demnach für ein Brownsches Rauschen schreiben
|
(33) |
Für andere Prozesse mit langem Gedächtnis kann man nun
die Einstein-Relation verallgemeinern, indem man
|
(34) |
ansetzt. Begründen kann man dies im Rahmen der Diffussion auf
fraktalen Gittern der Perkolationstheorie [15][3].
Für den Exponenten wurde hier bewußt der Buchstabe gewählt, da dieses
identisch mit dem aus Abschnitt 5.3 ist
(s. [10]).
Ein Brownsches Rauschen erkennt man dann experimentell daran, daß
beobachtet wird. Für rosa Rauschen ist und für
schwarzes Rauschen gilt .
Für jede zu analysierende Zeitreihe kann nach Gleichung (34)
ein berechnet werden. Aber nur falls signifikant größer ist als
0 trägt es Information. Wegen Gleichung (26) kann mit Hilfe der
Strukturfunktion nur über fraktionell integrierte Prozesse mit
etwas ausgesagt werden.
Um auch Prozesse mit langem Gedächtnis und
analysieren zu können, integriert man
die zu untersuchende
Zeitreihe, bevor man dann die Strukturfunktion der
integrierten Reihe
weiter untersucht. Man führt also die Operation
|
(35) |
d.h.
|
(36) |
durch, was gleichbedeutend damit ist, daß man einen
eindimensionalen Zufallswanderer die Werte der Zeitreihe
als Zufallsrauschen
übergibt.4
Für die integrierte Reihe folgt dann
ein Integrationsgrad von
|
(37) |
und demnach auch
|
(38) |
Die Strukturfunktion der integrierten Zeitreihe ist demnach
für ein sinnvolles Maß für .
Eine Interpretation der Strukturfunktion der integrierten Zeitreihe
folgt, indem man die Summen der Integration in die Strukturfunktion einsetzt.
Man erhält dann aus Gleichung (36) und (30)
|
(39) |
Man kann dann die integrierte Funktion für jeden Startwert
und jede Integrationslänge definieren und damit schreiben
|
(40) |
Damit ist
nichts anderes als die Varianz der Realisationen
der Integrationen der Länge .
Für die integrierte Zeitreihe kann man nun wieder nach einem Skalengesetz
der Art
|
(41) |
mit dem Exponenten suchen.
Als Beispiel für die Anwendung der Strukturfunktion der integrierten Reihe
kann man für das integrierte weiße Rauschen (also die
eindimensionale Brownsche Bewegung) leicht folgendes ausrechnen:
|
(42) |
Man sieht das bekannte Ergebnis5,
|
(43) |
daß die Standardabweichung bei der
Brownschen Bewegung mit der Wurzel der Zeit zunimmt, und proportional der
Standardabweichung der einzelnen Zufallsstöße ist.
Damit ist für Gaußsches weißes Rauschen.
Die Berechnung von der integrierten Zeitreihe
wird z.T. auch Fluktuationsanalyse genannt
([8]). Die integrierte Zeitreihe selbst heißt
zuweilen Profil der Zeitreihe ([18]).
Nächste Seite: Der Hurst-Exponent
Aufwärts: Maße für Prozesse mit
Vorherige Seite: Das Spektrum
  Inhalt
ich
2000-01-25