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Der FIWN-Prozeß

Der ARFIMA(0,d,0)-Prozeß
\begin{displaymath}
(1-B)^{d} X_{t} = \mbox{WN}
\end{displaymath} (17)

mit $d\in(-.5,.5)$ und WN=White Noise wird fraktionell integrierter White-Noise-Prozeß oder einfach FIWN-Prozeß genannt. In manchen Lehrbüchern (z.B. [14]) findet man auch die merkwürdige Bezeichnung fraktionell differenzierter White-Noise-Prozeß (FDWN). Der FIWN-Prozeß mit $-.5<d<.5$ ist stationär. Er hat die AR$(\infty)$-Darstellung
\begin{displaymath}
\sum\limits_{u=0}^{\infty} \frac{\Gamma(u-d)}{\Gamma(u+1)\,\Gamma(-d)}
\cdot X_{t-u} = \varepsilon_{t}
\end{displaymath} (18)

und die MA$(\infty)$-Darstellung
\begin{displaymath}
X_{t} = \sum\limits_{u=0}^{\infty} \frac{\Gamma(u+d)}{\Gamma(u+1)\,\Gamma(d)} \cdot
\varepsilon_{t-u}.
\end{displaymath} (19)

Für $d>0$ ist er ein Prozeß mit langem Gedächtnis. Dies kann man zeigen, indem man die $\Gamma$-Funktionen in Gleichung (19) mit der Stirlingschen Formel approximiert. Die Koeffizienten in Gleichung (19) verhalten sich dann für große $u$ wie $u^{d-1}$. Die Koeffizienten der AR$(\infty)$-Darstellung verhalten sich wie $u^{-d-1}$. Das Spektrum des FIWN-Prozesses folgt aus Gleichung (15) zu
\begin{displaymath}
S_{\mbox{FIWN}}(f) =\left[ 2\,\sin(\pi\,f) \right]^{-2d}\, \sigma_{\varepsilon}^{2}.
\end{displaymath} (20)

Man sieht sofort, daß für kleine Frequenzen die Approximation
\begin{displaymath}
\lim\limits_{f\to 0} S_{\mbox{FIWN}}(f) =\left[ 2\,\pi\,f \right]^{-2d}\, \sigma_{\varepsilon}^{2}\sim f^{-2d}
\end{displaymath} (21)

gilt. Da diese Näherung schon für $f=.1$ recht gut gilt (Fehler $<1.5\%$), bedeutet dies, daß man in Beobachtungszeitreihen, die aus einem solchen Prozeß stammen, für Wellenlängen von mehr als ca. zehn Zeitschritten ein $\frac{1}{f^{2d}}$-Rauschen sieht. Diese Erkenntnis ist zur Schätzung von $d$ aus Daten wichtig. In Abbildung 1 findet man das FIWN-Spektrum nach Gleichung (20) und dessen Approximation nach Gleichung (21).

Abbildung 1: Exaktes FIWN-Spektrum (durchgezogene Linie) und dessen Approximation durch ein $1/f-$Spektrum (unterbrochene Linie).
\begin{figure}
\centerline{\hbox{
\psfig{figure=fdwnspek.ps,width=140mm,height=80mm}}}
\end{figure}

Die Autokovarianzfunktion $\gamma_{\tau}$ kann über das Parsevalsche Theorem aus dem Spektrum wie folgt berechnet werden:
\begin{displaymath}
\begin{array}{lcl}
\gamma_{\tau} & = & \int\limits_{-.5}^{...
...
\Gamma(-\tau+1-d)} \,\sigma_{\varepsilon}^{2}.
\end{array}
\end{displaymath} (22)

Dabei wurde in der zweiten Zeile $y=\pi\,(f+.5)$ gesetzt und in der dritten Zeile die Symmetrie des Integrals um $\pi/2$ genutzt. Für die Autokorrelationsfunktion $\rho_{\tau}$ folgt daraus
\begin{displaymath}
\rho_{\tau} = \frac{\Gamma(\tau+d)\,\Gamma(1-d)}{\Gamma(\tau+1-d)\,\Gamma(d)}.
\end{displaymath} (23)

Mit der Stirlingschen Approximation

\begin{displaymath}
\Gamma(n+1) = n! \approx \sqrt{2\,\pi\,n} \left(\frac{n}{e}\right)^{n}
\end{displaymath}

und für große $\tau$, sowie $\vert d\vert<.5$ folgt dann
\begin{displaymath}
\rho_{\tau} \approx \frac{\Gamma(1-d)}{\Gamma(d)} \tau^{2d-1}\approx \tau^{-\gamma},
\mbox{ mit } \gamma=1-2d.
\end{displaymath} (24)

Für $d>0$ ist der Prozeß dann ein Prozeß mit langem Gedächtnis.
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ich 2000-01-25