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Die Strategie zur Rekonstruktion von Klimaschwankungen aus
Baumringparameterzeitreihen besteht im wesentlichen aus drei Schritten:
- Anpassung eines statistischen Modells
- Verifikation des Modells
- Rekonstruktion des Klimas
Jeder dieser Arbeitsschritte soll im folgenden eingehend vorgestellt werden:
- zu 1.)
- Anpassung eines statistischen Modells
Da in der Dendroklimatologie nicht genug detaillierte Kenntnisse
der Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Klima und Baumwachstum vorliegen,
steht keine eindeutige und allgemeingültige Modelltheorie zur Verfügung.
Daher muß es der erte Schritt sein, eine als sinnvoll erscheinende
Modellstruktur anzunehmen. Dies geschieht nicht ohne eine gewisse Willkür.
Es ist deshalb unumgänglich verschiedene Modellansätze zu verwenden
und deren offene Parameter optimal anzupassen. Dazu werden in den Abschnitten
4.3.1 bis 4.3.4 vier verschiedene Strategien vorgestellt und an den
vorhandenen Daten erprobt. Jede dieser Strategien bietet Vor- und Nachteile,
so daß man erst nachträglich durch Vergleichen der Ergebnisse bewerten kann,
welche Strategie den anderen überlegen ist. Diese Bewertung wird
wahrscheinlich auch von den speziell vorliegenden Daten abhängen, und ist
somit nicht verallgemeinerbar. Die vier Strategien haben die folgenden
Schwerpunkte:
- Suche nach globalen Zusammenhängen (s. Abschnitt 4.3.1)
Bei dieser Strategie wird nach Zusammenhängen zwischen den einzelnen
Zeitreihen der klimatischen Parameter und der Zeitreihe der Jahrringbreiten
gesucht. Diese Strategie ist ohne Aufwand auch auf mehrere Baumringparameter
oder mehrere zu untersuchende Baumarten zu erweitern. Gesucht wird nach
Zusammenhängen, die für alle Werte der einzelnen Zeitreihen gültig sind.
Daher der Name globale Zusammenhänge. Aus dieser Strategie folgt die
Erkenntnis darüber, ob zwischen einzelnen Zeitreihen funktionale und
signifikante Abhängigkeiten gefunden werden können. Dabei kann zwischen
linearen, monotonen und nicht-monotonen Zusammenhängen unterschieden werden.
Am Ende dieser Untersuchungen weiß man, welche Einflußgrößen wie und wie
stark in der Zielgröße wiederzufinden sind. Daraus könnte man im Prinzip
schon ein Modell konstruieren.
- Suche nach speziellen Zusammenhängen (s. Abschnitt 4.3.2)
Denkt man sich eine Zeitreihe als Überlagerung von speziellen Komponenten
wie Trend, Saisonfigur, Schwingungen, Extremwerte usw. so kann man nach
Zusammenhängen zwischen den speziellen Komponenten der verschiedenen
Zeitreihen suchen. Dies ist sinnvoll, wenn z.B. zu erwarten ist, daß die
Jahr-zu-Jahr-Variabilität der klimatischen Parameter einen anderen Einfluß
auf die Jahrringbreiten ausübt als der Trend. Eine solche Aufspaltung
der Zeitreihen erlaubt es, z.B. den Einfluß von extremen klimatischen
Situationen gesondert zu behandeln. Zusätzlich liefert diese Strategie die
Güte von Zusammenhängen auf verschiedenen zeitlichen Skalen.
- Hauptkomponenten der klimatischen Parameter (s. Abschnitt 4.3.3)
Die Zerlegung, wie sie in der zweiten Strategie vorgeschlagen ist, richtet
sich nach verschiedenen Phänomenen (z.B. Trend, Extremwerte). Eine
alternative Zerlegung dazu ist die Zerlegung in Hauptkomponenten der
Variation der klimatischen Parameter. Damit läßt sich erkennen, welcher
Anteil der Variation in den Jahrringbreiten gefunden wird. Dies klärt die
Frage, welcher Anteil der Variation der klimatischen Parameter überhaupt
rekonstruierbar ist. Die Antwort auf diese Frage hängt dann auch davon
ab, wieviel Fehlervarianz man toleriert (s. Abschnitt 4.2).
- Sukzessive und multiple Analysen (s. Abschnitt 4.3.4)
Bei den ersten drei Strategien wurden immer nur Zeitreihenpaare untersucht.
Man kann diese Strategie aber verallgemeinern, indem man sukzessive zunächst
den besten Zusammenhang zwischen der (dazu am geeignetsten) Einflußgröße
und der Zielgröße bestimmt, diesen eliminiert und wieder nach dem besten
Zusammenhang des Rests der Zielgröße mit den in Betracht kommenden
Einflußgrößen sucht. Dies kann man solange fortsetzen, bis man keinen
signifikanten Zusammenhang mehr findet. Bei dieser Strategie wird also der
Reihe nach immer der beste Zusammenhang zwischen einzelnen Einflußgrößen
und der Zielgröße selektiert. Bei den multiplen Analysen läßt man
zusätzlich zu, daß die verschiedenen Einflußgrößen gemeinsam (kombiniert)
auf die Zielgröße wirken, was die Anzahl der Möglichkeiten einer optimalen
Anpassung weiter erhöht. Es lassen sich damit optimale signifikante (auch
nichtlineare) Zusammenhänge zwischen allen möglichen Einflußgrößen
(inkl. Wechselwirkungen) einerseits und der Zielgröße andererseits finden.
Eine Erweiterung dessen wären multivariate Analysen, bei denen mehr als
eine Zielgröße simultan verarbeitet werden.
Da für die Analysen dieser Arbeit
aber nur eine Zielgröße zur Verfügung stand, wurde dieser Weg (noch) nicht
beschritten.
- zu 2.)
- Verifikation des Modells
Im zweiten Schritt der Untersuchungen muß sich die als sinnvoll angenommene
und an die Daten optimal angepaßte Modellstruktur als sinnvoll erweisen.
Dazu sind mehrere Kriterien zu berücksichtigen. Zunächst sollte diejenige
Modellstruktur bevorzugt werden, die den größten Anteil der Varianz des
Baumwachstums aufgrund der klimatischen Einflußgrößen erklärt. Dieses
Kriterium ist alleine nicht ausreichend, da es recht anfällig gegenüber
einer möglichen Überanpassung ist. Deshalb kann man in einer erweiterten
Herangehensweise das Modell an einen Teil der vorliegenden Daten
optimal anpassen und
den anderen Teil als Verifikationsbereich nutzen. Dies zeigt, ob das Modell
auch für die Daten, an die es nicht angepaßt wurde, einen ebenso hohen
Anteil der Varianz erklären kann. In einem weiteren Schritt kann man dann
den Anpassungs- und den Verifizierungszeitraum austauschen. Wenn der gefundene
optimale Zusammenhang allgemeingültig ist, dann dürfen sich die
Koeffizienten
bei der Anpassung an ein anderes Datenkollektiv der gleichen Zeitreihe nicht
signifikant ändern.
Sind diese Bedingungen erfüllt, so stellt sich die Frage, ob man alle
wesentlichen Strukturen in der Zielzeitreihe (Jahrringbreiten) durch
das Modell und die betrachteten Einflußgrößen erklären konnte. Um diese
Frage bejahen zu können, muß man zeigen, daß das Residuum (der nicht
durch die Einflußgrößen erklärte Anteil) keine Strukturen mehr aufweist.
Das bedeutet, daß man zeigen muß, daß dieses Residuum als Realisierung
eines stationären Prozesses aufgefaßt werden kann. Das heist insbesondere,
daß Mittelwert, Varianz und Autokovarianzfunktion des Residuums auf
Stationarität getestet werden müssen. Falls das Residuum zusätzlich noch
Gauß-verteilt ist, erlaubt dies eine Abschätzung des statistischen Fehlers
(s. Abschnitt 4.2).
- zu 3.)
- Rekonstruktion
Um einen gefundenen Zusammenhang zwischen den klimatischen Einflußgrößen
einerseits und dem Baumwachstum andererseits für eine Rekonstruktion der
klimatischen Größen nutzen zu können, muß dieser invertiert werden.
Dies ist nur mit bijektiven Abbildungen möglich, d.h. eindeutig umkehrbaren
Funktionen. Für eindimensionale Abhängigkeiten ist dies z.B. durch
monotone Funktionen erfüllt.
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2000-01-24